Presse
Beide Großkirchen, aber auch Freikirchen, sind mit der Erfahrung konfrontiert, dass auch durch ihre Kleriker, Pastor*innen und Mitarbeiter*innen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und Erwachsenen geschieht. Soweit die Gewalttaten presseöffentlich werden, sind sie hier dokumentiert. Bernhard Fischer, der ein umfangreiches Archiv zu Missbrauch in den Kirchen führt, herzlichen Dank für so viele Hinweise!
Meldungen der Woche
8.12.2023 Die Staatsanwaltschaft Münster hat die Ermittlungen wegen grenzüberschreitendem Verhalten des Dompropstes Kurt Schulte eingestellt. Das kirchenrechtliche Verfahren läuft derzeit noch. Quelle: katholisch.de
7.12.2023 Die Diözese Bozen-Brixen hat als erstes Bistum Italiens eine Missbrauchsstudie in Auftrag gegeben. Verantwortlich für die Umsetzung ist unter anderen die Münchener Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW). Zuvor waren zwei Projekte wegen internen Drucks und zu hoher Kosten gescheitert. Quelle: katholisch.de
7.12.2023 Die „Ost-Bistümer“ Berlin, Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz, Hamburg und Magdeburg haben das Thema „Missbrauch geistlicher Autorität“ und das besorgniserregende Anwachsen rechtspopulistischer und extremistischer Tendenzen in Politik und Gesellschaft als gemeinsame Themen in den Blick genommen. Quelle: bistum-dresden-meissen
7.12.2023 Voraussichtlich am 14. 12. 2023 will die spanische Bischofskonferenz ihren eigenen Missbrauchsbericht vorlegen. Im Vorfeld dieses Berichtes, mit dem die Bischofskonferenz die Madrider Anwaltskanzlei Vremades & Calvo Sotelo beauftragt hatte, kam es zu Verzögerungen. So hat der Kanzleipartner Alfredo Dagnino, ehemaliger Vorsitzender des katholischen Propagandistenverbands ACdP, den Bischöfen im Sommer ohne Absprache einen derart geschönten Bericht vorlegte, dass sie ihn ablehnten – und die Kanzlei ihren Mitgründer entließ. Quelle: domradio
6.12.2023 Derek Scully, Autor des Buches „The Best Catholics in the World“ sieht wenig Fortkommen bei der Aufarbeitung kirchlichen Missbrauchs in Deutschland. In Irland seien die Bischöfe mutiger. Scully beobachtet, dass das Problem überall im weltweiten Katholizismus gleich sei, jeder weitere Bericht wiederhole lediglich, was wir längst wissen – die Probleme, die Muster, die Lösungen. Scully nennt dies „ein Verschieben von Verantwortung“. In Deutschland sei man optimistisch, dass die Kirche selbst die Missbrauchsfälle aufklären könne, „obwohl es nirgendwo anders funktioniert hat“. Scully problematisiert auch die Rolle der Laien, die katholisch konditioniert wurden, den Bischöfen zu vertrauen und selbst nichts zu sagen. Wenn die Katholik*innen ernst nähmen, dass sie alle katholische Kirche sind, müssten sie sich eingestehen, Teil der Missbrauchsgeschichte gewesen zu sein. Die katholische Kirche in Irlandsei im sozialen Bereich noch immer bedeutsam, habe aber moralisch nichts mehr zu sagen und melde sich auch nicht. *Quelle: Domradio
6.12.2023 Hans Zollner schaut auf die katholische Kirche in der Schweiz und stellt fest: „In relativ wenigen Jahren wurde das Vertrauen zerstört, das über Jahrhunderte gewachsen ist. Das lässt sich nicht in fünf oder zehn Jahren wiedergewinnen. Das ist ein mittel- und langfristiger Prozess, bei dem klar sein muss: Wir lassen uns an den Massnahmen messen, die wir jetzt vorgeben und umsetzen. Und wir müssen uns dabei einer objektiven, kritischen und externen Bewertung stellen. Wenn das alles über Jahre hinweg geschieht, dann wächst das Vertrauen wieder. Ansonsten wird das sehr schwierig.“ Quelle: kath.ch
6.12.2023 Die katholische Hochschulseelsorgerin Schwester Marie-Pasquale Reuver sieht in der Hoschschulpastoral ein großes Gefährdungspotential für Machtmissbrauch. Die Student*innen seien zu Beginn des Studiums zum Teil sehr vulnerabel und könnten sich durch einfache Antworten angezogen fühlen. Reuver kritisiert, dass einige Bischöfe in der letzten Zeit besonders auf neue geistliche Gemeinschaften an den Hochschulstandorten setzten, die aufgrund ihrer Struktur meist ein höhes Gefährdungspotential für geistlichen Missbrauch in sich tragen. Angesichts der Erkenntnisse des Buchtes von Céline Hoyeau, „Der Verrat der Seelenführer“ prognostizierte sie, dass vergleichbare Erkenntnisse in den nächsten Jahren auch in Deutschland öffentlich werden.Quellen: feinschwarz.net katholisch.de
6.12.2023 Der Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften der SPD-Bundestagsfraktkion, Lars Castellucci, möchte, dass die katholische Kirche eine „beispielhafte Aufarbeitung“ anstrebt. In manchen gesellschaftlichen Bereichen sei noch überhaupt nichts oder nur wenig an Aufklärung geschehen. Der Staat müsse darauf achten, dass die Aufklärung passiert und wie sie passiert. Geplant ist, das Amt der Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauch gesetzlich zu verankern und eine Berichtspflicht der Beauftragten an den Bundestag vorzusehen. Quelle: Neues Ruhrwort
6.12.2023 Die wegen des Bahnstreiks unterbrochende EKD-Synode wurde online fortgesetzt. Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Anna-Nicole Heinrich, und die kommissarische Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs kündigten an, den Rücktritt von Annette Kurschus in den synodalen Arbeitsgruppen aufzuarbeiten. Quellen: Neues Ruhrwort evangelisch.de
5.12.2023 Die Evangelische Kirche in Deutschland muss nach Ansicht der Synodenpräses Anne-Nicole Heinrich Lehren aus dem Rücktritt der früheren Ratsvorsitzenden Annette Kurschus ziehen. Kirsten Fehrs, Nachfolgerin von Annette Kurschus, spürt eine starke Verunsicherung in der Kirche. Quelle: evangelisch.de
5.12.2023 Der Schweizer Bund will keine Untersuchung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche einleiten, weil die Verantwortung dafür nicht beim Bund, sondern bei den Kantonen liegt. Quelle: kath.ch
5.12.2023 Die badische Landesbischöfin Heike Springhart nennt die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche „ein enorm komplexes Unterfangen. Im konkreten Einzelfall seien zwar Täter und Opfer meist klar zu benennen, in der Gesamtschau jedoch gebe es viele Graubereiche und keine einfachen Schwarzweiß-Lösungen. Quelle: Stern
5.12.2023 Die Kölner Hochschule für Katholische Theologie wird nun – entgegen den Zusagen von Kardinal Woelki – doch mit Kirchensteuermitteln finanziert. Der Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat des Erzbistums hat einen Zuschuss über genehmigt. Quelle: Kirche und Leben
5.12.2023 Die EKD und die Diakonie wollen am 13.12. zusammen mit der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, eine Erklärung zur Aufarbeitung von Missbrauch unterzeichnen. Da werden Kriterien und Standards einer unabhängigen Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt geregelt. Quelle: katholisch.de
5.12.2023 Die Aufarbeitungskommission im Bistum Aachen schreibt in ihrem 1. Zwischenbericht 5/22 – 11/23, dass sie unzufrieden ist mit der Kommunikation mit dem Bistum und klagt über verzögerte Antworten. Das Bistum gelobt Besserung. Quelle: katholisch.de
4.12.2023 Betroffene beklagen, dass die Bistümer weder die Namen von Tätern nennen, noch die Gemeinden informieren, noch nach weiteren Betroffenen suchen. So war es bis vor Kurzem in den Gemeinden Eichenau und Poing und Matenbeth im Erzbistum München und Freising. Das Erzbistum verweist auf den Datenschutz und darauf, dass manche Betroffene keine Veröffentlichung wünschen. Richard Kick, Betroffener aus dem Erzbistum München, vermutet, dass es etwas mehr als 50 „Tätergemeinden“ gibt, der Großteil jedoch nicht vom Erzbistum informiert wurde, das die Anzahl der Tätergemeinden kennt. Quelle: br
4.12.2023 Die Ordensgemeinschaft „Diener Jesu und Mariens“ (SJM) hat wohl schon seit längerem von den Missbrauchsvorwürfen gegen einen Priester der Gemeinschaft gewusst und sie nicht sofort den zuständigen Stellen gemeldet. Quelle: katholisch.de
2.12.2023 Johanna Beck stellt fest: „Wer von der Welt ‚da draußen‘ versehrt worden ist und sich brax asymmetrisch bemitleiden und beseelsorgen lässt, gilt als sehens- und hörenswert. Wer von der Kirche selbst verwundet wurde und aufgrund dessen die Systemfrage stellt, nicht.“ Beck kritisiert den Brief von Papst Franziskus an vier deutsche Katholikinnen als sie persönlich verletzend, weil Franziskus noch immer nicht verstanden habe, dass die missbrauchsbegünstigenden Strukturen reformiert werden müssen, damit dieses Systemn nicht weiterhin neue Opfer hervorbringe. Quelle: kath.ch
1.12.2023 „In der katholischen Kirche gibt es nicht nur eine große Zahl von Missbrauchsbetroffenen und entsprechenden Tätern. Darüber hinaus ist Kirche sowohl in der Aufklärung und Aufarbeitung als auch in der Öffentlichkeitsarbeit bestenfalls hoffnungslos überfordert. Im schlimmsten Fall aber tritt ein widerwilliges oder gar dezidiert destruktives und defensives Vorgehen zu Tage.“ Das konstatiert Hans Zollner im Blick auf die Reaktionen der Schweizer Bischöfe nach der Veröffentlichung der Studie und fährt fort: „Vielen in der Kirche ist dabei allerdings nicht bewusst, dass Misstrauen gegenüber Bischöfen und anderen Kirchenvertretern auch und vor allem mit mangelndem Vertrauen in deren Glaubensbotschaft einhergeht.„ Quelle: Stimmen der Zeit