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Glaube nach Gewalterfahrung

Was ist nicht hilfreich für Gewalt­überlebende?

Vergebungs­aufforderungen an Missbrauchsopfer

Gerade ich christlichen Kreisen ist es üblich, Missbrauchsüberlebende aufzufordern, den Tätern und ihren Unterstützern doch zu vergeben. Die Umstehenden verbinden damit die Hoffnung, dass die Betroffenen dann endlich Ruhe geben. Die Aufforderung zu vergeben, entlastet die Umgebung und belastet die Betroffenen. Dabei wissen Christ*innen, dass die biblischen Texte differenziert von Vergebung sprechen. Bei Kindesmissbrauch warnt Jesus potentielle Täter eindringlich  – von einer Pflicht zur Vergebung spricht er nicht (vgl. Mt 18).

Opfermythen und -beschuldigungen

Selber schuld, geldgierig, verlogen, unzurechnungsfähig, unglaubwürdig seien Opfer sexualisierter Gewalt. Krank würden sie nicht etwa wegen der Traumafolgen, sondern weil sie nicht vergeben. Sie seien rachsüchtig, beschmutzten den guten Ruf der Familie oder des Vereins, sie stießen die Kirche in „die Gossen der Welt“. So hören es Betroffene noch immer in ihrer Umgebung. Diese Beschuldigungen wehren die Betroffenen ab und bringen sie zum Schweigen. Sie sind nicht nur falsch – sie sind auch verletzend.

Christlich-esoterisches oder christlich-fundamentalistisches Denken

Missbrauchsopfer werden mit unterschiedlichen Angeboten aus christlich-esoterischem oder christlich-fundamentalistischem Denken und Glauben konfrontiert. Beide Vorstellungswelten bürden letztlich Gewaltbetroffenen Schuld auf: Sie hätten sich in einem früheren Leben oder in der Gegenwart falsch verhalten. Wenn die Traumafolgen anhalten, dann hätten die Opfer eine Technik oder ein Hilfsmittel falsch angewendet oder sie glaubten und beteten nicht genug. Damit werden Betroffene erneut belastet.