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Was wir tun

Gedenkgottesdienst für Betroffene sexualisierter Gewalt

Orgelspiel

Bitte von Carola Moosbach an die FeierndenWir brauchen welche die weinen können

Eröffnung / Einleitung zum Gottesdienst

Papst Franziskus hat vor einiger Zeit angeregt, jährlich einen Gebetstag für Opfer sexuellen Missbrauchs zu begehen. Für Deutschland haben die Bischöfe die Tage rund um 18. November festgelegt, an dem zugleich der „Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch“ ist. Heute begehen wir auf Angung von einigen Gemeindemitgliedern zum ersten Mal in unserer Kirchengemeinde diesen Gedenktag. Passend dazu haben heute Bundesfamilienministerin Paus und die Missbrauchsbeauftragte Claus eine Kampagne zur Aufklärung über sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen gestartet. Das ist nach wie vor ein massives Tabu. Wir alle stehen immer wieder hilflos, ohnmächtig vor diesem Thema, das schon so lange in unserer Gesellschaft und in unserer Kirche gärt. Missbrauch, so wissen wir mittlerweile, findet meist im Nahbereich statt, da wo man es nicht erwartet. Dafür gilt es zu sensibilisieren, dem wollen wir uns heute Abend stellen, dieses Thema an uns heranlassen. So beginnen wir diese Gedenkfeier im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Kehrvers „Aus der Tiefe rufe ich zu dir“, GL 511 EKG 629

Ein anderer Psalm: Hilf, Gott, in unsrer Not
Wie oft zerspringt die Seele
in tausend der Erinnerungssplitter
ertrinkt in ihren ungeweinten Tränen
verliert den Boden
fällt und fällt.
Gott, du unbegreiflich, schweigend, unsichtbare Kraft
Man sagt, du seist allmächtig
willst uns stets Gutes, Leben, Liebe
doch wenn das stimmt
dann seh‘ ich’s nicht.
Um mich herum Zerstörung, Missbrauch und Gewalt
du greifst nicht ein
lässt uns allein.

Kehrvers: Aus der Tiefe rufe ich zu dir

Du siehst sie doch, die blauen Flecken
geschund’ne Körper tief verstecktes Leid
du spürst die angsterstarrten Kinderseelen
verzweifelt wütende Erwachsene du weißt um das bedrohte Leben
in mir und meinem Gegenüber
du hörst die Klagen, Schreie, Bitten
und greifst nicht ein.
Warum, oh Gott?
Ich schau hinaus
weit über mich hinweg
such meinen Weg,
den Ruf, dem ich nun folgen soll
den Menschen, der mir nahe ist
dem ich vertrau, der mich nun braucht

Kehrvers: Aus der Tiefe rufe ich zu dir

Ich such dich, Gott, du Lebenskraft im
Mensch, im Wind im
Tier, der blühenden Natur im
Tanz und Paukenschlag
in Farbe, Wort und der Musik.
Nein,  ich versteh dich nicht und
trotzdem weiß
ich es genau, ganz tief in mir du
bist im Leben, Sterben,
Freud und Leid
du bist bei mir, ich bin bei dir
© Christiane Lange – Initiative GottesSuche

Kehrvers: Aus der Tiefe rufe ich zu dir

freiburg-schwarzwald.de – Danke für die Abdruckrechte!

Bildimpuls: Christuskorpus der Universitätskirche Freiburg im Breisgau

Pfr. Maierhof:  Ansprache 1. Teil

Universitätskirche in Freiburg – mitten in der Innenstadt. Von außen eine ansehnliche Barockfassade, innen schlicht gehalten, nach dem Krieg nur notdürftig wiederaufgebaut, weiß getünchte Wände. Wer eintritt in die Kirche, wird in Bann gezogen von einer ganz außergewöhnlichen Kreuzesdarstellung: An einem 16 Meter hohen Stahlträger, wie er sonst nur im Ingenieurbau benutzt wird, hängt an zwei Stahlseilen eine menschliche Figur; eine riesige Figur, die knapp 6 Meter misst, die leicht nach vorne geneigt ist. Franz Gutmann, ein Künstler aus dem Schwarzwald, hat sie aus einer vom Blitz getroffenen Eiche, herausgesägt und herausgehauen. Man erkennt die stark hervortretenden Rippen, die Seitenwunde, das Lendentuch, die von einem einzigen, riesigen Nagel durchbohrten Füße. Aber dieses Kreuz ist kein Kreuz, weil es keine Arme hat. Es ist eher ein Pfahl, ein Schandpfahl und Marterpfahl, und erinnert so an das, was das Kreuz ursprünglich bedeutete. Immer wenn ich in der Kirche bin, fallen mir die Worte aus dem Prophetenbuch Jesaja ein: Das 4. Lied vom Gottesknecht – wir hören Auszüge daraus:

 

Lesung aus dem Prophetenbuch Jesaja (52,13 – 53,3)

Seht, mein Knecht hat Erfolg,  er wird groß sein und hoch erhaben. Viele haben sich über ihn entsetzt, so entstellt sah er aus, nicht mehr wie ein Mensch, seine Gestalt war nicht mehr die eines Menschen. Vor unseren Augen wuchs er auf wie ein junger Spross, wie ein Wurzeltrieb aus trockenem Boden. Er hatte keine schöne und edle Gestalt, sodass wir ihn anschauen mochten. Er sah nicht so aus, dass wir Gefallen fanden an ihm. Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mensch voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt, war er verachtet; wir schätzten ihn nicht.

Ansprache – 2. Teil

Wenn wir heute an die Opfer sexueller Gewalt erinnern, dann denken wir an Menschen, die des Wichtigsten beraubt wurden: ihrer Würde. Sie haben Missachtung und Missbrauch am eigenen Leib erfahren, einmal oder immer wieder, lang her und doch stets gegenwärtig, bloß gestellt und gedemütigt. Sowas brennt sich tief in die Seele ein. Sie wurden ihrer Gestalt beraubt, entstellt bis zum Äußersten. Das wollen wir heute ganz bewusst aushalten, uns dem stellen. Wenn wir heute als Christinnen und Christen an die Opfer sexueller Gewalt erinnern, dann kommt eine entscheidende Dimension dazu: Wir wenden uns mit unserem Entsetzen, unserer Trauer und Wut an Gott, der sich in seinem Sohn Jesus Christus bis zum Äußersten mit allen Geschändeten, Gequälten und Misshandelten solidarisiert hat. Dafür steht das Kreuz und im Besonderen dieses außergewöhnliche Kreuz: Da hängt ein Gefolterter, Gequälter, zunächst mal kein Erlöster und Erlöser. Dieser Jesus hängt am Kreuz für all das Schreckliche und Leidvolle, das es in der Welt gibt. Er stellt sich der Zerreißprobe, hält sie aus, schreit auf, leidet, lässt sich brechen, entstellen, um zu zeigen: ICH BIN DA ! Am Kreuz zeigt Jesus seine existentielle Identifikation mit allen Geschändeten und Erniedrigten. So schwer sich das für unsere Ohren auch anhört: Das ist seine Leidenschaft, seine Passion: ICH BIN DA FÜR EUCH!

Lied: Hear my Prayer, oh Lord

In der Kirche ist eine Klagemauer aufgebaut. Die Mitbetenden erhalten Papier und Stift und haben die Möglichkeit, ihre aufgeschriebene Klage in die Klagemauer zu stecken. Dies geschieht in Stille und braucht Zeit.

Lied: Ach, bleib mit deiner Gnade bei uns

Gemeinsames Gebet

Lied: Herr, wir bitten, komm und segne uns

Segen

Du Gott, der du den verwundeten und ungerecht Behandelten beistehst, der du die Gewalt verabscheust und den Machtmissbrauch verurteilst, dessen Name „Beistand“ bedeutet und Hoffnung für die Verwundeten und ungerecht Behandelten: Segne uns, unsere Aufbrüche und Wege. Segne uns im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Instrumentalmusik 


Gefeiert am 17.11.2022 in der Kirchengemeinde Stutensee-Weingarten, St. Elisabeth Friedrichstal, Pfarrer J. Maierhof, Gemeindereferent S. Kraft – Die übliche Hierarchie, die sich durch die Positionierung im Kirchenraum und durch liturgische Kleidung sichtbar macht, spielt in diesem Gottesdienst keine Rolle. Der Gottesdienst wurde von Frauen und Männern vorbereitet. Im Anschluss war es möglich, die Anliegen der Initiative GottesSuche vorzustellen und miteinander ins Gespräch zu kommen.